
Der politische Austausch mit
Carmen Wegge
Mitglied im Fraktionsvorstand der SPD im Bundestag und Vertreterin des Wahlkreises Starnberg/Landsberg/Germering. Sie ist seit 2021 im Bundestag und befasst sich als Juristin seit Jahren mit der Haltung der AfD zur deutschen Verfassung. Parteiübergreifend brachte sie Ende 2024 gemeinsam mit weiteren Bundestagsabgeordneten einen Antrag zur Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD ein.
Jörg Siegmund
wissenschaftlicher Referent der Direktorin Ursula Münch der Akademie für politische Bildung in Tutzing.
Thomas Witzgall
Journalist, Fachmann der extremen Rechte und Kenner der AfD in Bayern
Die PowerPointPräsentation:
AfD-Verbot, Chance oder Risiko (PDF)

Links zum Thema
- wikipedia.org/wiki zum Bundesamt_f%C3%BCr_Verfassungsschutz
- tagesschau.de/inland/innenpolitik/verfassungsschutz-afd
- tagesschau.de/inland/innenpolitik/faq-afd-verbotsverfahren-100.html
- wikipedia.org/wiki/Bundesverfassungsgericht
- bmi.bund.de/DE/themen/verfassung/parteienrecht/parteiverbot/parteiverbot-node.html
- heribertprantl.de/prantls-blick/die-entgiftung-der-gesellschaft/
- bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2013/47878421_kw50_grundgesetz_20-214054
- deutschlandfunk.de/neuer-anlauf-fuer-fraktionsuebergreifenden-antrag-im-bundestag-100.html
- uni-wuerzburg.de/fileadmin/uniwue/Presse/EinBLICK/2024/44Rechtliche_Stellungnahme_AfD-Parteiverbot.pdf
- www.zeit.de/politik/deutschland/2025-05/afd-umfrage-insa-mehrheit-deutschland-verbot-partei
- www.zeit.de/politik/deutschland/2025-07/afd-verbot-umfrage-deutschland
Eine gut besuchte Veranstaltung mit fast 50 Gästen.
Vorsichtiger Optimismus
Thomas Witzgall bereicherte den Abend mit seinem umfassenden Wissen über die Aktivitäten der extemen Rechten in Verbindung zur AfD.
Er ordnete für uns das nicht erfolgreiche zweite Verfahren zum NPD-Verbot ein. Dabei äußerte er die Hoffnung, dass die damals getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch aktuell wirkungsvoll für die Argumentation in der Frage des AfD-Verbotsantrag sein könnte. In der Beurteilung, in wieweit die AfD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist, sagt Thomas Witzgall, betrachte die Behörde das Verhalten rund um die Partei sehr umfassend und stütze sich nicht alleine auf schriftliche Veröffentlichungen, wie das Wahlprogramm.
Den Antrag auf ein Parteiverbot vor dem Bundesverfassungsgericht sieht er als chancenreich.
Carmen Wegge stellt die entscheidende Frage:
„Was ist besser: Den Verbotsantrag stellen und das Risiko zu scheitern in Kauf nehmen? Oder es gar nicht erst versucht zu haben?“
Ihre Frage löst bei vielen Besucherinnen und Besuchern den Impuls aus, man müsse es versuchen.
Eine größere Gruppe Bundestagsabgeordneter hätten sich dem Antragsverfahren bereits angeschlossen, sagte Carmen Wegge. Nun hoffe man noch auf die Unterstützung durch die CDU und CSU. Wegge ließ dabei vorsichtige Hoffnung durchblicken, denn auch dort nehme man zunehmend wahr, dass die als rechtsextrem geltende AfD politisch nicht zu bekämpfen sei.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz als unabhängige Behörde hat im Mai 2025 festgestellt, dass die AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen ist. An dieser Feststellung ändere auch der Eilantrag der AfD gegen diese Entscheidung nichts, sagte Carmen Wegge.
Die SPD-Bundestagsfraktion stehe geschlossen hinter dem Antragsverfahren. Nun müssten mit juristischer Sorgfalt Belege gesammelt und die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags geprüft werden. Das könnte in 10-12 Monaten abgeschlossen sein. Für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht brauche man 1,5 bis 2 Jahre. Es sei also klar, dass eine Entscheidung nicht vor der nächsten Bundestagswahl erfolgen würde.
Umso wichtiger, sagt Carmen Wegge, dass der Antrag auf den Weg gebracht werde.
Jörg Siegmund bereichterte die unterschiedlichen Diskussionsbeiträge durch seine wissenschaftliche Sicht auf die Dinge, insbesondere beim Wählerverhalten.
Wie man am Beispiel von Ebersberg und Oberndorf* sehe, seien in ländlichen Regionen die Menschen eher bereit, die AfD zu wählen, auch, wenn sie nicht zun den Bevölkerungsgruppen der „Abgehängten“ gehören. In manchen Regionen der neuen Bundesländer läge die AfD bereits bei über 50%. Auch das Ebersberger Briefwahlverhalten könne er aus seinen Studien belegen. AfD-Wähler lehnen Briefwahl eher ab. Der Grund sei, dass sie dem System nicht trauen und bei der Briefwahl die Gefahr der Beeinflussung sehen.
Seinem Protest durch die Wahl Ausdruck zu verleihen sei das demokratische Recht, sagt Jörg Siegmund. Klug sei es allerdings nicht, aus Protest eine als insgesamt rechtsextremistisch geltende Partei zu wählen.
*Bei der Bundestagswahl 2025 wählten in Ebersberg 12,7% die AfD, im Ortsteil Oberndorf 23,9%. In 4 von 7 Ebersberger Briefwahlbezirken erzielte die AfD weniger als 8 %.
Doris Rauscher, seit 2013 Abgeordnete im bayerischen Landtag, schildert, wie sich die Parlamentsarbeit 2018 verändert hat, als die AfD in der Landtag eingezogen ist. Die Sprache sei nun rauher geworden und die Arbeit im Parlament schwieriger.
Eine Frage blieb offen
Auch wenn ein AfD-Parteiverbot rechtskräftig wäre und der Partei Mandate und Gelder entzogen wären, so blieben doch noch die Probleme, die in der Bevölkerung zum Unmut führen.
Bürgermeister Uli Proskes Frage, was man mit den 50% der Wähler mache, um sie wieder zu befrieden, konnte an diesem Abend nicht beantwortet werden.
Die Probleme bleiben dennoch drängend. Die Politik muss dafür Lösungen suchen.
